Mein Meditationsplatz zu Hause ist eigentlich schon ideal, einladend, optimal ausgerichtet und schön ruhig – dennoch fühle ich darüber hinaus, bei schönem Wetter, manchmal das Bedürfnis, meine Meditation nach draußen zu verlegen. So schön es auch ist in der Natur, aber ist eine Meditation im Freien auch genauso sinnvoll?
Am Anfang lieber auf drinnen beschränken
Das hängt ganz stark davon ab, wie fortgeschritten ich in meiner Übung und in meiner Meditation bin, und ist daher für jeden Einzelnen davon abhängig, wie ich für mich am besten in die eigene, persönliche Übung komme und mich entspannen kann. In der Regel ist es aber so, dass sich die Frage, ob der „Raum“, der ja nicht notwendigerweise an Begrenzungen in Form von Mauern oder Wänden gebunden ist, draußen oder drinnen sein soll, für den Anfang noch gar nicht stellt: Draußen ist etwas fortgeschrittener, denn im ersten Moment ist es zwar draußen sehr schön, aber Energie in Form von Wind lenkt extrem ab, und damit muss man umzugehen wissen. Wenn ich draußen sitze und es ist Sonne, ist es zwar zunächst sehr angenehm, aber plötzlich ist Wind – das ist einerseits sehr kraftvoll, bringt aber gleichzeitig eine große Unruhe in die Meditation.
Mit gutem Hara nach draußen weitergehen
Erst später dann, wenn ich ein gutes Hara habe, ist es möglich und sogar ideal, draußen zu sitzen. Draußen ist gefühlt die doppelte Energie, aber gerade am Anfang muss ich gucken, ob ich draußen wirklich meine Mitte finden und mein Hara stärken kann. Man denkt, das ist so ein Klischee, man setzt sich raus und es ist alles hübsch – aber du kommst nicht in die Ruhe. Deshalb gilt, am Anfang lieber innen einen einladenden Platz zu suchen, und diesen ganz individuell auf mich abzustimmen. So finde ich ganz automatisch mehr und mehr die Kraft, das Hara zu entwickeln, irgendwann später weiterzugehen – und dann kann auch ein Platz draußen sinnvoll sein.
Achtsamkeit und Hier sein
Etwas anderes ist es, wenn ich bewusst in der Natur sein will, bewusst mich und die Welt wahrnehmen möchte. Achtsamkeit in der Natur heißt einfach still, weit und offen sein. Ich gehe kurz in eine Übung, die das Denken zur Ruhe bringt, und nutze dann die Meditationshaltung, um in Stille und Verbundenheit vollkommen hier zu sein. Ich setze mich an den See, keiner ist mehr da. Ein Blatt fällt auf das Wasser.
Zen-Meister Hinnerk Syobu Polenski
im Dialog mit Teilnehmern des Zen Leadership Seminars